Nach drei „Rekord“-Dürrejahren (es werden wahrscheinlich weitere Rekorde folgen) mit hohen Temperaturen im Durschnitt und kaum Niederschlag gab es dieses Jahr 2021 die anderen Extreme: regelmäßige Niederschläge, teils mit lokalen Starkregen-Ereignissen, mit dem Höhepunkt am 14. Juli und als Folge die für die anwohnenden Menschen katastrophalen Überschwemmungen u.a. an Ahr und Erft. Im Rechtsrheinischen, auf der Heideterrasse, hat es kaum Überschwemmungen in Wohngebieten gegeben, dort vor allem an Dhünn und Strunde in Leverkusen und Dünnwald. Jedenfalls: keine Dürre.
Die letzten drei Dürrejahre: nicht gut für Amphibien
Kreuzkröte, erkennbar am hellen Rückenstrich, im Vordergund Laichschnüre, Geisterbusch, Wahner Heide, 21.06.2021
© Justus Siebert
Für feuchtigkeitsliebende Amphibien (Frösche, Kröten, Molche,…) sollte dieses Jahr 2021 also eigentlich ein besseres gewesen sein als die drei davor. Eigentlich, und war es auch. Schaut man jedoch genauer hin, sieht es schon gemischter aus. Nehmen wir aber zunächst mal das letzte Jahr 2020: Ab dem Frühjahr, in der Laichzeit für die meisten Amphibien, kaum noch Regen, und damit auch keine Laichgewässer, weder kleine noch große. Und jene die es gab sind zu schnell ausgetrocknet. Zu schnell, als dass die Molchlarven und Kaulquappen es bis zur Wandlung in Jung-Molche und –Frösche hätten schaffen können. Selbst an der ehemaligen Panzerwaschanlage am Parkplatz ehemaliges Camp Altenrath, die sonst von allen Kleingewässern in der Region am längsten das Wasser hält, wurde es im Juli 2020 bedenklich knapp mit dem Wasserstand, und damit für die dort ansässigen Teichfrösche, Teichmolche, Libellen. Und all deren Larven. Alle anderen Tümpel und Pfützen rundherum, im Hühnerbruch, fielen als Laichgewässer komplett aus.
Oder der Feuersalamander im Königsforst: Er legt seine Larven im zeitigen Frühjahr in die kühlen Bäche, z.B. Kurtenwaldbach oder Giesbach, ab, oder in die Entwässerungsgräben an den Wegrändern. Bis Juni / Juli brauchen die Larven je nach Witterung dann schon, bis sie ausgewachsen sind – 2020 zu lange, bis dahin waren fast alle Bäche und Gräben ausgetrocknet, die Larven vertrocknet. Bis auf die wenigen, die von Salamander-Freunden in die letzten wasserführenden Bäche umgesiedelt wurden
2020: Extreme Dürre und Hitze – nicht gut für Amphibien
Laichpfütze, Geisterbusch: für diese Kreuzkröten-Quappen wird es knapp: 18.06.2021
© Justus Siebert
Etwas besser ist es 2020 den Kreuzkröten ergangen, nicht zuletzt deswegen, weil sie auf trockene Offenlandgebiete, z.B. die Heide, spezialisiert sind. Ihre Strategie: Wenn dann mal ein Gewitterregen niedergeht, irgendwann zwischen April und August, kommen sie nachts aus ihren Erdlöchern hervor und suchen die frisch entstandenen Laichgewässer auf. Garantiert frei von Fressfeinden wie Fischen, Gelbrandkäfern, Libellenlarven, denn die brauchen doch ihre Zeit, um sich hier einzufinden und zu entwickeln. Dort wird dann heftig gebalzt, laut gerufen, und, … na Sie wissen schon. Am nächsten Morgen dann finden sich hier Laichschnüre, aus denen sich innerhalb weniger Tage kleine schwarze Kröten-Quappen entwickeln, und je nach Wetterlage nach drei bis sechs Wochen kleine Kreuzkröten. Sie setzen also auf Tempo bei der Metamorphose, die Quappen anderer Frösche und Kröten, beispielsweise der allgegenwärtigen Erdkröte, brauchen drei bis fünf Monate. Das liegt an der Gewässer-Auswahl: Erdkröten (die mit der Kröten-Wanderung im Frühjahr) nehmen fast alles als Laichgewässer, auch beschattete größere und damit kältere Teiche. Da geht es eben langsamer voran, die Kreuzkröten nehmen nur kleine Temporärgewässer, flache Pfützen in offenem Gelände, die sich in der Sonne schnell erwärmen. Da geht es schnell voran mit der Entwicklung. Muss es auch, denn wenn die Sonne zu lange scheint, ohne einen gelegentlichen Gewitterregen, der die Pfützen nachfüllt, dann erleiden die Quappen den Vertrocknungstod, sobald die letzte Wasserschicht verdunstet ist. Im feuchten Schlamm können sie nicht überleben. Kein schöner Anblick, gehört aber mit zur Strategie: wenn es in der einen Laichphase innerhalb eines Jahres nicht geklappt hat, dann halt nach dem nächsten Gewitterregen, und wenn dann auch nicht, dann halt beim dritten, vierten oder fünften Mal. Wenn die Quappen von nur einer dieser Phasen durchkommen, dann war das schon ein ausreichender Beitrag für den Erhalt der Population.
Diese Quappen haben es nicht geschafft: 21.07.2021
© Justus Siebert
Doch selbst diese hart kalkulierte Strategie ist im Dürrejahr 2020 an ihre Grenzen gestoßen: Zu heiß und zu wenig Niederschlag insgesamt, und zu groß der Abstand zwischen diesen Niederschlägen. Wenn es mal Pfützen gab, waren diese zu schnell wieder trocken. Einige wenige haben es aber auch in diesem Jahr 2020 geschafft. Zugegebenermaßen durch menschliche Mithilfe, die eigentlich in der Kröten-Strategie nicht vorkommt, sei es durch Krötenfreundliche Landwirte (vom Glanhof), die auf dem Weg durch den Geisterbusch zu den Viehkoppeln aus ihrem Wassertank mal etwas Wasser fallen lassen, das eigentlich für Glanrinder und Esel bestimmt ist; oder sei es durch namenlose Krötenfreunde, die Wasserkanister („Mister Kanister“) zu Fuß oder Rad zu einzelnen Pfützen geschleppt haben. In manchen Fällen hat es gereicht, bis zum nächsten Regen, oftmals war es aber auch der Tropen auf den heißen Stein, bzw. Kies, denn es sind eben Pfützen auf sandig-kiesige Böden, durch Traktorreifen verdichtet, die bevorzugt aufgesucht werden. Wie eben z.B. auf dem November im Geisterbusch, oder auf den Wegen um die Tongrube bei Altenrath.
2021: Extreme Starkregen und Überschwemmungen – gut für Amphibien – unter dem Strich
Nun das Jahr 2021: das jetzt im August aus Kreuzkrötenperspektive und hinsichtlich Laichgeschehen noch nicht vorbei ist, aber schon jetzt lässt sich eine Bilanz ziehen, die da lautet: ein ertragreicher Jahrgang, zwar mit einer Phase bis Mitte Juni, die zu warm und um wenige Tage zu lang bis zum nächsten Gewitterregen war und damit sehr vielen Quappen das Leben gekostet hat. Das ist auch so einigen SpaziergängerInnen aufgefallen, die ansonsten nicht so viel mit Kröten am Hut haben – aber dann, 14. Juli 2021: für die Menschen an Ahr und Erft der Katastrophen-Tag, und der Auftakt für einen unbeständigen Sommer, mit einem abrupten Wechsel von sonnig-warmen Tagen, und immer wieder teils heftigen Regenschauern. Für die Wettervorhersage und für die Wochenends- oder Ferienplanung sehr nervig, für die meisten Amphibien angenehm, feucht ist immer gut, für das Laichgeschäft, im Juli, aber egal, weil Timing schon durch, für unsere Kreuzkröten im Geisterbusch: Super! Auch wenn es Ende Juli nochmal eine zu lange Trockenphase gab, mit vertrockneten Quappen.
Regelmäßige Sommergewitter: Super für die Kreuzkröte
Kreuzkröten-Quappen, Geisterbusch, 16.07.2021: für diese sieht es gut aus
© Justus Siebert
Genau das was man braucht, die Pfützen immer wieder schön nachgefüllt, und zwischen dem Regen sonnige Abschnitte, erzeugen eine angenehm warme Badetemperatur für die Quappen, Algen als Nahrungsgrundlage wachsen auch, im Ergebnis: innerhalb weniger Tage konnte man alle Phasen eines Kreuzkröten-Daseins beobachten: balzende erwachsende Kröten (nachts, nach Gewitterregen), Laichschnüre, ganz kleine Quappen, fast fertige Quappen, und – und das ist der entscheidende Punkt – fertig entwickelte Jungkröten, kaum einen Zentimeter groß, und dazu noch sandfarben getarnt, sodass man sie gar nicht sieht, wenn man nicht genau hinschaut, auf den Weg, rund um die Pfütze, und sie sich nicht bewegen. Sie scheinen noch unentschlossen, wohin sie laufen sollen (Kreuzkröten laufen, sieht Mäusen ähnlich, andere Kröten hüpfen eher), zurück zur Pfütze, oder in die blühende Heide hinein, jedenfalls: es sind jetzt schon Tausende, die den kritischsten Schritt in ihrem jungen Leben bereits geschafft haben, und weitere haben als Noch-Quappen diesen Schritt noch vor sich, mit besten Aussichten, denn die Wettervorhersage lautet: weiterhin unbeständig, ab übermorgen sommerlich-warm, aber ohne Garantie, dass es nicht doch nochmal schauern wird, und die Pfützen sind ohnehin noch gut gefüllt, also: weitere Tausende Quappen werden es bis zur Jung-Kröte schaffen, in die Heide abwandern, viele von ihnen werden dort überleben und in drei bis vier Jahren, wie ihre Eltern, in ihren sandigen Startlöchern sitzend, auf den sommerlichen Regenschauer warten, und dann, sobald die Abenddämmerung endlich hereingebrochen ist, loslaufen, und tun, was sie tun müssen, ob sie wirklich wissen, was sie da tun, wissen wir immer noch nicht, warum sie sich gerade diese Pfütze ausgesucht haben, und nicht diejenige zwei Meter weiter, wie letztes Jahr, man weiß es halt (noch) nicht, man muss ja auch nicht alles wissen, solange es irgendwie funktioniert.
Blick über den Tellerrand der Wahner Heide hinaus – in die Dellbrücker Heide
Was auch immer wieder lohnt: der Blick über den Tellerrand hinaus, in diesem Fall den Rand der Wahner Heide, Richtung, Norden, in die Dellbrücker Heide, mit 40ha gegenüber den 5000ha der Wahner Heide zwar klein, aber durchaus oho, was die Kreuzkröte angeht, denn auch hier gibt es eine stabile Population: wir befinden uns immer noch auf der Heideterrasse, mit ihren spezifischen geologischen Voraussetzungen (sandig-kiesig), aber aus Kreuzkrötensicht doch irgendwie anders: zwar sandig-kiesig, aber kaum mit verdichteten Bereichen, wo sich Pfützen bilden könnten, das Wasser fließt letztendlich komplett in den vertieften Teich ab, von den Anwohnern gerne (illegal) als Party-Meile und zur sommerlichen Abkühlung genutzt. Insgesamt keine idealen Voraussetzungen für unsere Kreuzkröten, eigentlich zu tief, nicht warm genug, Party am Wochenende ginge noch, wenn unter der Woche mal Ruhe wäre, aber auch dann ist da die Konkurrenz von den Erdkröten am Start,…
Hin und her, nicht super, aber die Dellbrücker Kreuzkröten haben die Kröte geschluckt, sich auf den Kompromiss eingelassen, und, siehe da, es hat funktioniert: sei es, weil es auch in dem großen kühlen Gewässer geklappt hat, oder genug flache Bereiche am Ufer vorhanden waren: es hat noch nie so viel Nachwuchs an Kreuzkröten in der Dellbrücker Heide gegeben wie 2020, aber auch 2021.
Fazit Klimawandel für Heideterrasse und Kreuzkröte – und Ausblick Zauneidechse
Fazit: der Klimawandel ist da, er ist eine Herausforderung für alle, auch für alle Bewohner der Heideterrasse, unter dem Strich kommen diejenigen am besten weg, die auf Dynamik geeicht sind, wie eben unsere Kreuzkröten. Denen ist es gut gegangen, auf die letzten vier Jahre gerechnet, insgesamt. Verluste bei der Reproduktion in schwierigen Phasen sind durch Erfolge in besseren Phasen mehr als ausgeglichen worden. Die Population insgesamt scheint gestärkt.
Vielleicht schauen wir uns demnächst mal deren Heide-Mitbewohner an, z.B. die Zauneidechsen, die es ebenfalls gerne trocken und warm haben, entgegen der Kreuzkröte aber strikt tags statt nachts unterwegs sind, mit Regenschauer und Pfützen gar nix anfangen können, dafür aber locker-sandige Böden als Brutplätze brauchen, aber bitte nicht zu trocken, … also mal schauen, demnächst, wie die so durch diese Zeiten kommen.